Start in die neue Plattformwelt

Geschäftsbericht 2020

Fiducia & GAD

Arbeiten

„Aus dem Sie wird jetzt ein Du“

„Traditionelle Organisationen scheitern, wenn Arbeitsteilung und Führung weiter von klassischen, hierarchischen Strukturen und von Silodenken geprägt sind.“

Hierarchien über Bord werfen, Symbole der Macht sukzessive abschaffen, neue Werte wie Eigenverantwortung, Offenheit und Respekt erlernen und jeden Tag authentisch leben – mit einem neuen Mindset reagieren wir in Zukunft flexibler, schneller und zielgerichteter auf die Bedürfnisse unserer Kunden und auf die Erfordernisse des Marktes. Wie das funktionieren soll, verrät Jörg Staff, im Vorstand verantwortlich für das Ressort People & Business Services.

Herr Staff, am 1. Oktober 2020 ist das neue Zusammenarbeitsmodell mit hochgesteckten Zielen an den Start gegangen. Und – funktioniert es?

Wir sind wirklich gut und sehr engagiert gestartet. In einer internen Umfrage, dem „Pulse Check“ rund zwei Monate nach dem Start, erkannten schon knapp 40 Prozent der Befragten erste Vorteile in ihrem Arbeitsalltag. Ein Drittel sah bereits positive Effekte für unsere Kunden. Aber natürlich drückt man nicht einfach auf einen Knopf und dann läuft alles. Agilität ist harte Arbeit und entwickelt sich über Jahre weiter. Es geht um ein völlig neues Verständnis von Führung, Rollen und Zusammenarbeit im Unternehmen und mit Kunden. Plötzlich liegen fachliche und personelle Verantwortung nicht mehr in einer Hand. Plötzlich muss sich ein Team kennenlernen, das sich crossfunktional aus ganz unterschiedlichen Disziplinen zusammensetzt, und noch dazu Ende-zu-Ende eigenverantwortlich Kundenlösungen und Prozesse bearbeiten. Das ist eine Findungs- und Orientierungsphase für alle Beteiligten.

„Die Teams müssen über den Tellerrand schauen und wissen, wie der Kunde tickt.“

Und warum dann das Ganze?

Wir leben in Zeiten schneller technologischer und gesellschaftlicher Veränderungen. Märkte entwickeln sich ständig weiter, Kundenerwartungen steigen ebenso wie die von Beschäftigen. Gerade im Finanz- und IT-Sektor muss man sich mit Innovationen und zukunftssicheren Geschäftsmodellen rechtzeitig darauf einstellen. Traditionelle Organisationen scheitern, wenn Arbeitsteilung und Führung weiter von klassischen, hierarchischen Strukturen und von Silodenken geprägt sind. Wir gehen raus aus den Führungsfriedhöfen und stellen die Kompetenzen der Menschen anerkennend in den Vordergrund. Die besten Lösungen nicht durch Weisung entwickeln, sondern als gemeinsame Leistung – darum geht es. Crossfunktionale Teams tragen bei uns die Verantwortung für Lösungen und Leistungen und entwickeln sie zusammen mit unseren Partnern und Kunden auf Augenhöhe. Die Teams müssen über den Tellerrand schauen und wissen, wie der Kunde tickt. Deshalb ist dieses neue Modell unverzichtbarer Meilenstein in unserer Transformation.

„Wir gehen raus aus den Führungsfriedhöfen und stellen die Kompetenzen der Menschen anerkennend in den Vordergrund.“

Können Sie erste positive Effekte verzeichnen?

Eine so tiefgreifende Veränderung ist nicht von heute auf morgen umgesetzt. Eine Kultur und das Mindset der Menschen in einem Unternehmen nachhaltig zu verändern, braucht starken Willen, unbedingten Tatendrang, Mut und sicherlich auch einiges an Zeit. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen täglich ihre Bereitschaft unter Beweis, sich für unser neues Unternehmen einzusetzen und es mitgestalten zu wollen. Ihre Gesamtzufriedenheit liegt laut unserer Umfrage inzwischen auf hohem Niveau. Gestiegen ist sie insbesondere bezüglich unserer Transformation und der neuen strategischen Ausrichtung. Das Feedback unserer Beschäftigten wie auch der Kunden zeigt: Sie verstehen, wieso wir uns auf diese Reise begeben haben. Wir haben bis heute sehr viel erreicht. Klar ist aber auch: Es gibt noch einiges zu tun. Wir sprechen von einer Reise, die andauert – und vielleicht nie enden wird. Als Vorstand wollen wir den Menschen im Unternehmen jeden Tag aufs Neue Mut machen, diese Reise gemeinsam mit uns zu gehen. Ich glaube, wir sind da auf einem ausgezeichneten Weg.

Was ist Ihrer Meinung nach der Grund für diese Zustimmung?

Wir haben die neue Art der Zusammenarbeit bis zum Start im Oktober 2020 gut zwei Jahre lang geübt und vorbereitet. Wir haben Silos aufgebrochen und crossfunktional zusammengearbeitet. Der Schlüssel für den Erfolg unserer Transformation liegt meiner Meinung nach insbesondere darin, dass wir für eine ausgesprochen hohe Transparenz gesorgt haben, zum Beispiel mit neuen Medienformaten und Feedbackinstrumenten in unserer internen Kommunikation. Zudem lag die Verantwortung für die Ergebnisse in den Händen der beteiligten Beschäftigten. In zahlreichen Initiativen und Sprints wurden die Weichen für unsere Transformationsreise und für ein agiles Mindset gestellt – in enger Zusammenarbeit mit den Betriebsräten. Diese hohe Mitarbeiterpartizipation bei der Entwicklung eines unternehmensweiten Zusammenarbeitsmodells ist in Deutschland einzigartig.

Welche Initiativen gehörten dazu?

Wir haben beispielsweise einen neuen Tarifvertrag eingeführt und moderne, arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen geschaffen. Klassische Führungsrollen wurden ersetzt durch neue agile Rollen: Bei Tribe Leads und People Leads, bei Experten und Projektmanagern stehen die Fachkompetenzen klar im Vordergrund. Bei uns gibt es darüber hinaus mit Fach-, Projekt- und Führungskarriere drei gleichwertige Karrierepfade, durchgängig bis zur ersten Berichtsebene unterhalb des Vorstands. Übrigens: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben an der Besetzung dieser neuen Rollen aktiv mitgewirkt.

Hat Corona eigentlich die Einstellung der Beschäftigten zu dem neuen Modell beeinflusst?

Davon bin ich überzeugt. Die Pandemie hat die Lebensgewohnheiten und unsere Einstellung zum Zusammenspiel von Berufs- und Privatleben grundlegend umgekrempelt. Homeoffice oder mobiles Arbeiten bedeutet für den Einzelnen automatisch ein großes Mehr an Eigenverantwortung. Für alle Menschen sowie insbesondere für die Führungskräfte haben Digitalkompetenz und Vertrauen einen neuen Stellenwert. Ein flexibles Arbeitszeit- und Arbeitsortmodell erfüllt mehr denn je die Anforderungen unserer Zeit. In klassischen Organisationen wird oft kritisiert, dass Führungskräfte im Tagesgeschäft „untergehen“ und keine Zeit für ihre Beschäftigten haben. Gerade heutzutage ist es wichtig, sich um die Menschen und ihre Entwicklung zu kümmern. Die neue Rolle der People Leads hebt klassische Führung zugunsten guter Führung auf.

Was ist Ihr persönlich stärkster Eindruck nach dem Start der neuen Organisation?

Um ganz ehrlich zu sein: die positive Energie und Wirkung, die eine so grundlegende Veränderung in unserem Unternehmen und bei den Kunden freisetzt. Wir haben ein großes Rad gedreht und unseren Beschäftigten sowie den Betriebsräten einiges abverlangt. Für ihr Mitmachen sagen wir Danke!
Übrigens, woran ich jeden Tag besonders merke, dass sich unsere Kultur schon ein ganz schönes Stück nach vorne bewegt hat: Aus dem Sie wird in den Teams inzwischen ein Du.

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